Thammenhain

Schloss Thammenhain liegt noch immer in einem reizvollen Umfeld – östlich des 3,5 ha großen Schwanenteiches. Zwar wird sein Äußeres durch die Umbauten aus der Zeit von 1890/91 geprägt, aber die gotischen Rippen – Sterngewölbe in der Küche – Gurlitt datiert sie auf etwa 1480 – zeugen von der ehemaligen Wasserburg.

Wer die ursprünglichen Bauherren waren, lässt sich nicht sagen. Lt. Lehnbrief vom 6. Dezember 1462 hatte der Kurfürst von Sachsen die Brüder Dietrich und Hans v. Körbitz als Nachfolger ihres Vaters mit dem Dorf Thammenhain, dem Kirchlehn, dem Sattelhof, dem Vorwerk, der oberen und der niederen Gerichtsbarkeit belehnt.

Ober-Thammenhain war Lehen des Kurfürstentums Sachsen, Nieder-Thammenhain, wo auch das Schloss steht, war Lehen des Bistums Meißen. Meist wurden die beiden Teile gemeinsam verliehen. Da der Meißner Bischof Johann VI v. Saalhausen am 5. November 1444 in Thammenhain geboren wurde, könnten auch die v. Saalhausen dort ansässig gewesen sein. Lehnsbesitzer waren danach die Familien v. Breitungen, v. Stentzsch, v. Lindenau (1522 – 1612); v. Loss, v. Brederlohe und v. Freywald.

1666 erwarb Joachim Loth v. Schönberg, auf Gelenau im Erzgebirge, aus dem Stollberger Zweig, das Rittergut Thammenhain und wurde mit den beiden Teilen belehnt. Sein Sohn Hanns Dietrich (+ 1727) baute die Hof- oder Untere Kirche wieder auf; sie wurde 1948 abgerissen. Im Wechsel mit der Oberen oder Dorfkirche hatte sie der Evangelischen Gemeinde als Gotteshaus gedient. Eine ihrer Glocken läutet heute in Olbernhau; die Reste der Eingangstüren mit den Initialen der Stifter Hanns – Dietrich und Anna Dorothea v. Schönberg, dem Schönberg`schem Löwen und der Widmung „Deo et Proximo“ sind im Kulturgeschichtlichen Museum in Wurzen.

1727 fiel das Rittergut an das Haus Bieberstein aus dem Sachsenburger Zweig. In dieser Zeit entstand eine Orangerie (1735) und der Barockgarten (1738). 1788 übernahm Kaspar Heinrich Dam a.d. H. Pfaffroda den Besitz. Er oder seine Witwe Susanne Regine v. Pfister ließen die Wallgräben auffüllen und gestalteten den Park um. Zum Ensemble gehörte die 1849 von August Kaspar Ferdinand Dam errichtete Brennerei.

Seine Witwe Elise, geb. Freiin von Pfister, erhöhte das Haus um ein zweites Stockwerk. Nach der Zerstörung der nordwestlichen Teile des Hofes durch einen verheerenden Brand schuf Georg Kaspar Ferdinand Dam ein neues Rittergutsgebäude, das nach der Wende renovierte Freiherr von Schönberg – Haus. 1890/91 ließ Kaspar Adolf Ferdinand Dam Frhr. v. Schönberg – Begründer der Quarzporphyr AG und der Kaolingruben mit ihren vielen Arbeitsplätzen – das Schloss durch den Architekten Adolf Leyn aus Hannover umbauen. Zwar blieben sogar große Teile des alten Dachs erhalten. Aber die vier neuen „Renaissance-“Giebel, der im Süden vorgesetzten Turm mit seiner barocken Haube und der weiten Südterrasse mit den geschwungenen Treppen zum Park geben dem Ganzen sein noch heute unverkennbar eigenes Gesicht.

Im Innern beeindrucken die durch zwei Stockwerke gehende gewaltige Eingangshalle und der holzgetäfelte Saal (Fa. Franz Schneider, Leipzig) mit der Galerie, wo die Ahnenbilder hingen. Der neue Turm des Schlosses überragte den der Hofkirche bei weitem. Das um 1900 umgebaute Nebengebäude, das alte Lehngericht, war mit dem Schloss durch einen Übergang verbunden und schloss sich nach Osten an die südlichen langgestreckten barocken Hofgebäude an. Zwischen den nördlichen und den südlichen Hofgebäuden stand eine gewaltige Scheune.

Die Hofkirche, nordöstlich des Schlosses, war das Herzstück des Ensembles. Sie schlug nach Osten den Bogen zum Rittergutsgebäude und den Hofgebäuden mit seinen vielen Ochsenaugen. Im Westen der Hofkirche blickten das 1923 restaurierte Kutschergebäude und die ehemals festliche Orangerie zum Schlossteich.

Im Norden verband die Lindenallee Schlossteich, Wiesenteich, Brennerei, den Tränkteich mit Schloss und Gut zu einem wohlgefügten Ensemble zusammen. Das Kutschergebäude trägt auf der südlichen Stirnseite den Schönberg`schen Löwen und das Wappen der Josepha v. Savigny, die als Witwe von Adolf Frhr. v. Schönberg eine Biographie ihres Vaters Carl v. Savignys verfasste, den Mitbegründers des Zentrums.

Dem herrschaftlichen Ensemble fehlen heute die Hofkirche, die alte Haube des Schlossturms, die Hofgebäude mit ihren Ochsenaugen und die alten Dachgauben von Schloss und Nebengebäude, Teile des eigentlichen Parks und der sog. Wildpark mit den Gräbern. Durch starke bauliche Veränderungen wirken Orangerie, Kutscher- und Hofgebäude wie abgewandt. Geblieben ist das alte Lehngericht, zwischen ihm und Schloss steht seit 1979/80 der Kapellenbau.

Schmerzliche Lücken und Verfremdungen! Doch noch immer besticht die Gesamtanlage durch die Südterrasse, die den großen holzgetäfelten Festsaal nach Süden hin öffnet – hin zum Park mit dem Ginkgo, den vielen Rhododendrons, dem geheimnisvollen Laubengang aus der Barockzeit, den Linden, der Blutbuche, den Stiel- , Pyramiden- und Sumpfeichen, den Schwarzkiefern, Rot- und Hainbuchen, dem Magnolienbaum, Ulmen, Eschen, Erlen und Pappeln. Glanz und Gesicht gewinnt das Ganze sommers wie winters durch die spiegelnden Flächen des mächtigen Schlossteichs und seine mit gewaltigen Bäumen bestandenen Insel.

Die Wege, auf denen der Besucher sich alles erschließen und genießen soll, sind noch verwachsen, doch sie beginnen wieder zu leben. Der Blick geht vom Schloss wieder hin zu den südlichen Wiesen oder hinüber zu den Hohburger Bergen.

1945 wurden die damaligen Besitzer Karl Friedrich und Rena von Schönberg – ihre Erzählung Saat ohne Ernte berichtet von ihrem Schicksal im Jahr 1945 – enteignet. An sie, ihren Sohn Adolf und die beiden Geistlichen Dr. Adolf Dietrich und Christian erinnern die Grabkreuze und -platten neben der alten Lindengruppe. Ein Ort der Ruhe und der Gelassenheit.

Dr. Rüdiger und Friedrich Frhr. v. Schönberg betreiben in Thammenhain wieder Landwirtschaft. Sie haben Teile des väterlichen Waldes in Thammenhain zurückerworben und bereits viele junge Buchen und Eichen gepflanzt. Das Schloss wartet mit seinen herrlichen Gesellschaftsräumen und Wohnungen auf Mieter und zahlende Feriengäste.

Dr. Rüdiger Frhr. v. Schönberg